Helga Schmidhuber
Die Tierwelt, die Naturwissenschaften faszinieren sie schon seit ihrer Kindheit. Und so liegt es in der Natur der Sache, dass Helga Schmidhuber vor allem Objekte aus Flora und Fauna als Inspiration für ihre Gemälde und Skulpturen dienen, welche sich im Zusammenspiel zu raumgreifenden Installationen entwickeln.
Die Malerei bildet den Schwerpunkt ihres experimentellen, multimedialen Werkes. Einzelne Elemente mehrerer, sich überlagernder Bilder und Geschichten fügen sich zusammen zu einer neuen, sagenhaften Erzählung von komplexer Eleganz. Motive aus der Natur, befreit aus ihrer natürlichen Umgebung, entfalten in einem abstrakten Spannungsfeld eine wilde Energie. Rätselhafte Phänomene in der Natur, die Entstehung des Lebens. Das sind Leitgedanken, die Helga Schmidhuber in faszinierender Schönheit interpretiert.
Helga Schmidhuber wurde 1972 in Wiesbaden geboren. Nach abgeschlossenem Design-Studium, studierte sie von 1999 bis 2004 Freie Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf bei Prof. Dieter Krieg und Prof. Albert Oehlen, der sie zu seiner ersten Meisterschülerin ernannte.
Seit 2006 nimmt die Künstlerin an Artist in Residence-Programmen teil und arbeitete in Österreich, Island, Kanada und in Spanien.
Ihr Werk wurde schon in international bedeutenden Institutionen gezeigt, u. a. Hamburger Kunsthalle, CCA Kunsthalle Mallorca, Museum Wiesbaden, Frankfurter Kunstverein.
Helga Schmidhuber wurde mit dem Markus-Lüpertz-Preis und dem Max-Ernst-Stipendium ausgezeichnet. 2020 erhielt sie den renommierten Hans–Platschek–Preis.
Helga Schmidhuber lebt und arbeitet in Berlin und Bad Schwalbach
helgaschmidhuber.com
Foto: © Helga Schmidhuber
Holger Schmidhuber
Es gibt einen roten Faden, der die künstlerische Identität von Holger Schmidhuber definiert: die Aneignung und Transformation durch einen grandios überbordenden, vielschichtigen, experimentellen Materialeinsatz. Und so berühren sich seine Werke in der Methode – und stehen doch für sich allein.
Seine aktuellen Zyklen „The Inversion of Memory“ und „Carpets of the Forgotten“ vereinen die Opulenz orientalischer Ornamentik mit abstrakter, expressionistischer Bearbeitung. „The Inversion of Memory“ zeigt zumeist großflächige Leinwände, die erst mit den Mustern eines orientalischen Teppichs bedruckt und dann bemalt werden. Schmidhuber verwendet u. a. einen Rakel, wodurch eine Dichte von Farbschichten entsteht – welche aufbrechen, sich überlagern oder aufgelöst werden können. Pastöse Acrylfarben fließen, verschwimmen. Die Ornamentik trägt das Werk, verschwindet aber teilweise gänzlich und verbleibt vielmehr als eine geheimnisvolle Erinnerung.
In der Reihe „Carpets of the Forgotten“ bleibt der Teppich als solcher erhalten – und wird als Fläche für ein neues Kunstwerk reaktiviert. Vor allem alte, hochwertige Perserteppiche werden vom Künstler gereinigt, teils geschoren und eingefärbt. Die Bemalung eines alten Teppichs ist nicht nur ein ritueller Akt der Erneuerung, sondern auch ein Dialog mit dem vorgefundenen künstlerischen Material. Neben der „Übermalung“ findet auch eine „Überschreibung“ statt. „Carpets of the Forgotten“ übernehmen Räume mit nonchalanter Leichtigkeit, geben ihnen eine ausdrucksstarke, innovative und dabei äusserst stilvolle Bestimmung.
Holger Schmidhuber
1970 geboren in Bad Mergentheim, Baden-Württemberg
1994 – 1999 Studium Kommunikationsdesign und Diplom, Hochschule Rhein Main, Wiesbaden
1995 Stipendium Meisterklasse Markus Lüpertz, Kloster Irrsee im Allgäu
2008 – 2009 Vertragsprofessur an der Freien Universität Bozen, Fakultät für Design und Künste
seit 2010 Professur für „Zeitbasierte Medien“ an der Hochschule Mainz
Holger Schmidhuber lebt und arbeitet in Berlin, Wiesbaden und Bad Schwalbach
holgerschmidhuber.com
Foto: © Holger Schmidhuber
Irene Müller
Irene Müller malt traumhafte Bilder – Phantasien, die sie unentwegt begleiten und antreiben, sie nicht loslassen, bis sie endlich Bild geworden sind. Der Stil von Irene Müller ist einzigartig, unverkennbar. Ihre Werke ähneln einander, bauen aufeinander auf, verbinden sich zu einer grossen Geschichte und schaffen so einen eindrücklichen Zugang zu einer uns unbekannten Welt. Es sind vor allem Menschen, die Irene Müller malt. Oft stehen sie gedankenverloren und einsam an einem verlassenen Ort. Der behutsam reduzierte Einsatz von Farben beschreibt die Dunkelheit der Nacht in all ihren Facetten. Die Farben wirken wie ein dichter Nebel, eine undurchdringliche Melancholie, in der das Gute und das Schlechte unausweichlich nah beieinander stehen. Selbst durch unbeschwerte Bewegung, die formvollendete Ästhetik des Tanzes – Tanz ist die grosse Leidenschaft von Irene Müller – gibt es aus dieser Welt kein Entrinnen. Die Bilder sind von bedrohlicher Schönheit und Aktualität, sie halten uns fest. Irene Müller hat dafür keine Erklärung. Und so können wir nur erahnen, was uns an ihren Bildern fasziniert.
Irene Müller wurde 1941 in Gütersloh geboren, wo sie auch heute lebt. Sie begann mit 12 Jahren zu tanzen und mit 16 Jahren zu malen. In den Jahren 1958 – 1961 arbeitete Irene Müller als Töpferin, danach studierte sie zunächst Bildhauerei an der Werkkunstschule in Bielefeld (1961 – 1962) und anschliessend Malerei an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg (1963 – 1964). Von 1965 – 1975 lebte Irene Müller als freischaffende Künstlerin in Berlin, wo sie auch ein Tanzstudium bei Mary Wigman absolvierte. Seitdem werden ihre unverwechselbaren Bilder und Skulpturen in zahlreichen Ausstellungen in Deutschland, Italien, den Niederlanden, der Schweiz und in den USA gezeigt.
Foto: © Veit Mette – Projekt Stadt Gütersloh Lockdownportrait Irene Mü
SIVIRIN
YURIY SIVIRIN ist ein Superstar der zeitgenössischen, ukrainischen Kunstszene. Die surreale Arbeit von SIVIRIN ist geprägt durch die unermüdliche Suche nach Bildern, die uns seine Sehnsucht nach einer längst vergangenen Ästhetik spüren lassen. Seine Sprache ist vielfältig – sie reicht vom Traum sanft blühender Schönheit bis zur brutalen Realität der Zerstörung. SIVIRIN konfrontiert uns mit unterschiedlichen Stimmungen, die uns seltsam bekannt vorkommen – wie eine Erinnerung, die unvermittelt vor uns steht.
SIVIRIN verbindet aktuelle Inhalte mit überwiegend klassischen Motiven zu einer neuen Ausdrucksform, die sich durch stilistische Klarheit auszeichnet. Er verwendet dafür Öl, Acryl, Airbrush, Malerei auf Papier und Leinwand sowie den Fluss visueller Informationen aus dem Internet. Mit diesen gemischten Techniken schafft er Werke, die von Kennern und Museen gleichermaßen geschätzt werden.
Im September 2022 wurde im Bundeshaus in Bern eine Ausstellung von SIVIRIN gezeigt – im Rahmen des Ukrainisch-Schweizerischen Forums. Jetzt ist SIVIRIN in der galerieWinkler in Zug zu sehen, exklusiv in der Schweiz.
YURIY SIVIRIN wurde 1983 in Kiew geboren. Er schloss 2007 sein Studium an der Nationalen Akademie für Bildende Kunst und Architektur als bildender Künstler ab und absolvierte von 2007 bis 2010 ein Aufbaustudium und ein Praktikum an der Nationalen Kunstakademie der Ukraine. Sivirin ist seit 2007 Mitglied der Nationalen Künstlerunion der Ukraine. Zu seinen künstlerischen Aktivitäten gehören Malerei, Medienkunst und Installationen. Er kuratiert Kunstprojekte und betreut Kunststudenten. Einige seiner Werke sind bereits Teil bedeutender Privat- und Museumssammlungen in der Ukraine, Europa und den USA. Die Arbeiten von SIVIRIN wurden zudem in der VOGUE (2020, 2021, 2022), Harper’s BAZAR (2020) und Forbes (2021) vorgestellt. Sivirin lebt und arbeitet in Kiew.
Foto: © Yuriy Sivirin
Neil Enggist
I AM THE MOUNTAIN
Nach Jahren des Reisens und Malens, in denen ich mich immer auch dazu aufgefordert fühlte, in möglichst vielen Bergen zu wandern, habe ich bemerkt, dass die Dinge, die den Gipfel geformt haben, auch mich geformt haben. Flüsse, Eis, Zeit, uralte Stürme, Feuer, Gletscherwanderungen, tektonische Begegnungen, Erosion, Wind, plötzliche Vulkanexplosionen, kosmische Einschläge, Lawinen, Erfrierungen, das Wachsen neuer Blumen. Die Gemälde entstehen aus denselben Kräften, als ob der Berg selbst malt, und der Maler ein Überbringer der Farbe ist. Die Farbe ist die Emotion des Geistes, wo wir uns treffen.
Wenn ich zwischen bestimmten Bergen spazieren gehe, beginne ich mich zu erinnern, woher ich komme, warum ich hier bin und was ich noch tun kann. Gedanken, Atemzüge, Emotionen und Visionen werden gereinigt und zu einer großen Vision vereinigt, und wenn ich den Berg hinuntersteige, bin ich nie mehr derselbe. Manche Berge sind nur ein flüchtiger Blick, wenn die Wolken sich teilen und ich gerade vorbeikomme, und manche habe ich tagelang betrachtet, bis sich ihre Formen in meine Seele gemalt haben. Wenn ich male, winzig klein inmitten der Schwelle, bin ich der Berg, irgendwie.
Neil Enggist
Der US-Schweizer Neil Enggist wuchs in Princeton Junction, New Jersey, auf und studierte Bildende Kunst an der Washington University in St. Louis und in Santa Reparata in Florenz. In den daran anschliessenden Jahren folgte er den großen Farbspielen in den Bergen, Canyons, an den Küsten und Flüssen in den USA, Europa, China und Indien. Neil beschreibt seine ‚Nature Actionpaintings‘ „als Komposition in einem System der Natur, das ökologisch-harmonische Ausdrücke in einer gezeitenabhängigen Konversation zwischen dem menschlichen Geist und der Wildnis aufführt“. 2016 erwarb Enggist seinen MFA am renommierten San Francisco Art Institute, wo er in den Gezeitenzonen der Bay Area Gemälde auf Stahl anfertigte, die Ideen von Performance und Skulptur aus der Earth Art-Bewegung aufgriffen. Neil hat an einer Reihe von Kunstaufenthalten teilgenommen, darunter an der Lucid Art Foundation in Point Reyes, Kalifornien, und ist 2019 in das Land seiner Großmutter gereist, um in Shanghai und in den Gelben Bergen zu malen. Auf seinen Reisen entwickelte Neil eine Reihe von Gemälden und Gedichten, die in New York, Mailand, Mumbai, Luzern und Paris gezeigt und vorgetragen wurden. In mehreren Sommern arbeitete er mit dem Gärtnermeister Andre Ammann zusammen und realisierte Gartenprojekte in der Umgebung von Luzern. Seit 2020 malt Neil zwischen New Jersey und San Francisco, im Sequoia Wald, Lands End, Yosemite, Trinity River, Big Sur, dem Central Valley. Dazu schrieb er ein Buch mit mystischen Liebesgedichten. Zuletzt beschäftigte er sich gemeinsam mit seiner Frau, der Künstlerin Ziggy Khan, mit Glasmalerei in Taos, New Mexico. Mit Ziggy arbeitet er auch an einem Multimedia-Album, das Erinnerungen, Musik, Malerei, Skifahren, Meditation und von japanischen Tanka inspirierte Poesie verwebt.
Foto: © Neil Enggist
Nature Actionpainting
Nature Actionpainting ist die Methode, mit der die Natur in den Prozess des künstlerischen Schaffens aufgenommen wird. Die imaginäre Grenze zwischen der künstlerischen Intention und dem Funktionieren einer Wildnis wird verwischt, diese Sphären verschmelzen zu einem einheitlichen Moment. Die Hand des Künstlers wird zu einem entscheidenden, individuellen, aber nicht übergeordneten Mitglied der Versammlung, die sich spontan mit den wilden Systemen abstimmen muss, um einen Ort der Zugehörigkeit und des Gleichgewichts zu schaffen.
Durch die Bewegung des Wassers, die Spuren der Verdunstung, des Gefrierens, des Schmelzens, der Schwerkraft, der Tierspuren, der Jahreszeiten, des Tanzes, der Zeit, der Steine, der Stürme und der Gezeiten findet das sich verändernde Terrain des Gemäldes seine Quelle und erreicht seinen vollen Ausdruck durch seine eigene wilde Tugend. Die Farbstriche werden auf der aktivierten Oberfläche in Bewegung gesetzt und verkörpern rhythmisch das entstehende Bild. Ob ich nun Tinte in ein schmelzendes Schneebüschel tropfe, den Ozean auf nasses Acryl gieße, den Wind die Leinwand wegblasen lasse oder die Oberfläche mit einem heruntergefallenen Kiefernzweig zerschneide, jede Aktion ist innerhalb eines Systems der Natur komponiert. Das Ergebnis soll die „zufällige Präzision“ des kreativen Akts verkörpern, in dem ozeanische, emotionale, natürliche und mystische Geschichten zusammenspielen.
Als Reisender wird die Malerei zum Akt des Erlebens und Verarbeitens von Orten; das Gemälde wird zu einem Archiv der Erfahrung. Das Reisen dient dazu, den Maler mit dem Unbequemen und Unkalkulierbaren zu verbinden, was zu Spontaneität und einer Reaktion des Körpers auf die Erinnerung zwingt. Ich möchte so malen, als würde ich gleichzeitig kämpfen, tanzen und Jazz spielen.
Auf seinen Reisen wird der Maler zur Abstraktion und begibt sich auf ein flüchtiges und visionäres Terrain. Materialien von Orten mit besonderer Bedeutung, weißer Gipssand aus New Mexico, Pigmente vom Holi-Festival in Indien, schwarzer Sand aus Kanyakumari, Schotter vom Highway 61 usw. fügen sich in die Topographie ein und geben dem Gemälde einen Erfahrungskontext, während sie gleichzeitig formale und strukturelle Möglichkeiten eröffnen.
Ich hoffe, dass meine Arbeit die Betrachter und Leser zu ihrer eigenen Vorstellung von Unendlichkeit führt und ihnen das Wunder und das Geheimnis bietet, um sie durch die Tür in einen Raum der Erleuchtung und harmonischen Einheit zu treiben, in dem das sonst Unsichtbare festgehalten wird. Wie kann meine Arbeit eine Geschichte erzählen, die den Wunsch weckt, zu leben, weiterzumachen und sich auf tiefe und ernsthafte Weise um die verflochtenen Schicksale von Natur und Menschheit zu kümmern?
Neil Enggist